Japanische und chinesische Tusche

Quelle: https://syoyu-e.com/article/column/tools_article/wabokutoboku

Tusche, die in Japan hergestellt wird, nennt man 和墨waboku, jene aus China 唐墨tōboku (auch Karasumi genannt).
Die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe und die Herstellungsverfahren unterscheiden sich, was sich auf die Farbgebung der Tusche, deren Verlauf beim Schreiben sowie die Haltbarkeit auswirkt. Es gibt kein "besser" oder "schlechter" – beide haben ihre jeweiligen Vorzüge. Es ist wichtig, die Eigenschaften der jeweiligen Tusche zu verstehen und diejenige auszuwählen, die am besten zum geplanten Werk passt.

Waboku und Tōboku

Geschichte

Man geht davon aus, dass die Tusche ungefähr zur selben Zeit nach Japan kam wie die Schriftzeichen selbst. Die Geschichte der Tusche in China ist weitaus älter – sie reicht zurück bis zur Shang-Dynastie (um 1500 v. Chr.). Im Laufe der Zeit entwickelten sich dort zahlreiche berühmte Tuschemeister, und besonders die Tusche vor der Kulturrevolution wird für ihre Langlebigkeit geschätzt. "Koboku" (alte Tusche) von hoher Qualität ist heute sehr selten und wertvoll.

Heutzutage gibt es deutliche Unterschiede zwischen Waboku und Tōboku, doch diese Differenzen waren vermutlich nicht von Anfang an so ausgeprägt. Vielmehr dürften unterschiedliche Herstellungsweisen, klimatische und landschaftliche Gegebenheiten sowie die Entwicklung des Papiers in beiden Ländern zu den charakteristischen Unterschieden geführt haben. In Japan änderte sich der Schreibstil im Laufe der Zeit, insbesondere nachdem Sugawara no Michizane die offizielle Entsendung von Gesandten nach Tang-China beendete und eine eigenständige japanische Kultur entstand. Zudem entwickelte sich die einzigartige japanische Kana-Schrift, die feine und zarte Ausdrucksformen erforderte. Die Frage, welche Tusche sich für feine Ausdrucksformen eignet, führte dazu, dass Schreiber und Tuschehersteller gemeinsam experimentierten und so eine ganz eigene japanische Tusche entstanden ist.

Waboku
Abb.: Waboku
Tōboku
Abb.: Tōboku

Unterschiede im Mischungsverhältnis

Tusche wird aus Ruß susu, Leim nikawa und Duftstoffen hergestellt, die miteinander vermischt und gepresst werden. Der größte Unterschied zwischen Waboku und Tōboku liegt zunächst im Mischungsverhältnis der Grundstoffe. Hinzu kommen Unterschiede in der Art und Viskosität des verwendeten Leims.

Waboku Tōboku
Mischungsverhältnis (Ruß : Leim) 10 : 6 10 : 12
Viskosität des Leims hochviskos niedrigviskos
Eigenschaften Die Tusche löst sich beim Reiben schnell, ergibt ein starkes Schwarz und fühlt sich zäh an. Die Tusche löst sich langsam, das Schwarz ist weniger intensiv, und die Konsistenz ist weniger zäh.

Während Waboku einen hochviskosen, stark haftenden Leim verwendet, enthält Tōboku zwar mehr Leim, dieser ist aber weniger zäh. Waboku hat einen höheren Rußanteil, weshalb die Tusche beim Reiben schnell abgibt und ein kräftiges Schwarz erzeugt. Durch den hochviskosen Leim fühlt sie sich zudem zäh an.
Im Gegensatz dazu enthält Tōboku mehr Leim als Ruß, wodurch das Abgeben der Tusche langsamer erfolgt und das Schwarz weniger intensiv ist. Aufgrund der niedrigeren Viskosität des Leims wirkt die Tusche weniger zäh. Diese Unterschiede hängen auch mit den jeweiligen natürlichen Bedingungen der Länder zusammen: In Japan herrscht weiches Wasser vor, während in China das Wasser meist hart ist.
Tōboku ergibt mit japanischem Wasser eine weiche Tuschefarbe, während sie mit hartem Wasser ein tieferes, kräftigeres Schwarz entwickelt.

Eigenschaften im Überblick

Waboku Tōboku
Tuschefarbe Schwer, kraftvoll, mit tiefem, schwarzem Grundton, schlicht, elegant und mit Tiefe. Leichte Tusche (usuzumi) wirkt transparent und schön. Weniger schlicht, aber mit Eleganz und Tiefe, leicht bräunlicher Farbton.
Festigkeit der Tusche Kaum rissanfällig. Neigt zum Reißen; bei manchen häufig.
Kraft der Tuschefarbe Auch bei neuer Tusche kraftvoll und dicht. Neue Tusche wirkt weniger kraftvoll; erst alte Tusche zeigt Tiefe und Stärke.
Verlauf beim Schreiben Weniger gut; die Tusche muss "reifen". Guter Verlauf.
Verlauf beim Verwischen (Ausbluten) Wenig Ausbluten; die Tusche dringt kaum ins Papier ein, deshalb wird "gereiftes" Papier benötigt. Schöner Ausbluteffekt; die Tusche dringt gut ins Papier ein.
Haltbarkeit Relativ kurzlebig. Bei minderwertiger Tusche etwa 10 Jahre, bei hochwertiger bis zu 50 Jahre. Mit der Zeit führt die Zersetzung des Leims zu Trübungen. Langlebig. Alte Tusche zeigt Tiefe, Kraft und schöne Verläufe und gewinnt an Ausdruck.