Der Begriff "Sumi" (jap. für Tinte) stammt vermutlich vom Wort "Fleck" ab und wurde über Generationen weitergegeben. Tinte ist ein bemerkenswertes Schreibmittel – sie verblasst nicht und wird auch nicht von Insekten angegriffen. Sie bleibt über viele Jahre hinweg beständig.
Die Geschichte der Nara-Tinte reicht zurück bis ins erste Jahr der Daitoku-Ära (806 n. Chr.), als Kūkai die Kunst der Tintenherstellung zusammen mit Pinseln aus der Tang-Dynastie in China mitbrachte. Er sammelte Ruß von der Decke der Mibutsudō-Halle im Kōfuku-ji-Tempel, mischte ihn mit tierischem Leim - so begann die Tintenproduktion. Noch heute stammt über 90% der japanischen Tintenproduktion aus Nara.
Koubaien ist der einzige Tintenhersteller Japans mit einer eigenen Methode zur Tintenherstellung. Seit der Azuchi-Momoyama-Zeit ist das Traditionsunternehmen in Nara aktiv und pflegt dort die überlieferten Techniken mit Stolz und Hingabe.
Koubaien ist einzigartig – es ist die einzige Manufaktur im Land, die Tinte direkt durch das Sammeln von Ruß herstellt. Beim Herstellungsprozess wird reines Pflanzenöl in mit Binsen getränkten Dochten verbrannt. Die Flammen werden mit Tongefäßen abgedeckt, sodass sich der Ruß an deren Oberflächen absetzen kann.
Um eine gleichmäßige Rußbildung zu gewährleisten, werden alle 200 Tongefäße alle 20 Minuten gedreht. Der gesammelte Ruß an der Unterseite der Deckel wird vorsichtig mit Hühnerfedern abgekratzt.
Selbst nach acht Stunden unermüdlicher Arbeit wird kaum mehr als ein Kilogramm Ruß gesammelt.
Die Wände der Rußkammer sind tiefschwarz – einst weiß, sind sie nun vollständig vom Ruß überzogen.
In der heißen Kammer, umgeben von hunderten kleinen Flammen, entsteht eine Atmosphäre, die gleichzeitig
mystisch und ehrwürdig wirkt.
Tinte besteht aus Ruß, Leim und Duftstoffen. Der Leim, gewonnen aus Tierknochen oder -häuten (meist Rind), wird in einem Wasserbad erhitzt, bis er zu einer Lösung wird. Die Tintenherstellung ist nur in der kalten Jahreszeit von Herbst bis Frühling möglich - bei höheren Temperaturen würde der Leim verderben.
Trotz der Erwartungen an einen beißenden Geruch überrascht der Leim durch seine Reinheit – kaum Geruch, sehr wenige Verunreinigungen. Die hohe Transparenz und Elastizität des Leims zeugen von seiner außergewöhnlichen Qualität.
Die Mitarbeitern bestätigen einstimmig: "Wir verwenden nur den hochwertigsten Leim." Anschließend werden
feine Duftstoffe wie Pflaume hinzugefügt – die Bühne ist bereitet für den "Meister der Tinte".
Jetzt beginnt der entscheidende Prozess des Mischens, der über die Qualität der Tinte entscheidet.
Die mochi-ähnliche Rohmasse wird mit den Füßen gleichmäßig geknetet, bis sie glänzende Kugeln formt, die danach von Hand weiterbearbeitet werden.
Das "Mischen" hat entscheidenden Einfluss auf die Qualität der Tinte: Bevor die Tinte in Formen gegossen wird, bringt der Tintenmeister sie in eine zylinderförmige Gestalt. Schon kleinste Fehler beim Rollen können dazu führen, dass die Tinte beim Trocknen reißt oder sich verzieht.
Erstaunlich: Der richtige Moment, um das Mischen zu beenden, wird nicht durch Technik bestimmt - die Tinte "sagt" es dem Meister selbst. Diese feine Intuition ist das Ergebnis jahrelanger Erfahrung.
Die Maßeinheit für Tinte ist "Chō". (1 Chō = 15 g)
Um den Wasserverlust beim Trocknen auszugleichen, werden etwa 22,5 g Tinte pro Chō in die Formen gegeben.
Diese Feinabstimmung erfordert die präzise Intuition der Handwerker, die Temperatur und Luftfeuchtigkeit
genau berücksichtigen - die Erfahrung des Meisters ist dabei unfehlbar.
Nach dem Formen wird die frische Tinte in Holzformen aus Birnenholz gegeben und mit Klammern fixiert. Nach dem Herausnehmen ist sie weich - ähnlich wie "Yōkan", eine japanische Süßspeise aus roter Bohnenpaste. Nun beginnt der Trocknungsprozess mit Asche - die Arbeit der Aschetrocknungs-Meister. Dabei wird die Tinte in Asche eingegraben, die in Holzkisten um den Trocknungsraum verteilt ist. So wird sie langsam und gleichmäßig getrocknet.
Am ersten Tag kommt die Tinte in feuchtere Asche, danach wird sie schrittweise in trockenere
Asche umgelagert. Dieser Prozess dauert etwa eine Woche für kleine Tintenstücke, 30 bis 40 Tage für größere.
Nach der Aschetrocknung, bei der etwa 70 % der Feuchtigkeit entzogen wird, wird die Tinte mit Stroh verflochten und zur natürlichen Trocknung an der Decke aufgehängt - dies dauert je nach Größe zwischen zwei Wochen und drei Monaten.
Anschließend wird jede Tinte gründlich mit Wasser gewaschen, um Aschereste und Unreinheiten zu entfernen, und mit einer geheimen Politur veredelt.
Manche Produkte werden zusätzlich über Holzkohle leicht erhitzt und dann mit Muschelschalen poliert, bis sie glänzen. Jeder einzelne Arbeitsschritt erfordert höchste Präzision und Geduld.
Nach dieser aufwendigen Herstellung wird die Tinte zu einem hochpreisigen Produkt. Doch sie überzeugt Künstler durch ihre Qualität und erfüllt höchste Ansprüche. Von der Zubereitung des Wassers zum Anreiben der Tinte, über das Abstimmen auf den Reibstein, die Auswahl des Papiers - jedes Detail zählt.
Trotz der wachsenden Beliebtheit moderner flüssiger Tintenlösungen schwören viele Künstler weiterhin auf echte Tinte. Für sie ist klar: Ihre Kunstwerke entstehen nur mit echter Tinte.
Koubaien bleibt seiner Tradition treu, bewahrt die über Generationen entwickelten Techniken und verkörpert
in seiner Arbeit wahre Meisterschaft und Stolz.