In Japan gibt es mehrere Kunststile im Bereich der Malerei und Zeichnung, die ähnliche ästhetische oder technische Merkmale aufweisen oder aus ähnlichen kulturellen und philosophischen Wurzeln schöpfen.
Der japanische Kunststil Sumi-e 墨絵 ist eine traditionelle Form der monochromen Tuschmalerei, bei der hauptsächlich schwarze Tinte 墨 verwendet wird. 墨絵 bedeutet wörtlich "Tintenbild" und ist durch die Nutzung verschiedener Graustufen von schwarzer Tinte gekennzeichnet, die durch das Mischen der Tinte mit Wasser entstehen. Die Technik verlangt vom Künstler große Konzentration und Beherrschung, da die Pinselstriche schnell und ohne Vorzeichnung auf Papier oder Seide gesetzt werden, was keine Korrekturen zulässt.
Die Kunst ist eng mit dem Zen-Buddhismus verbunden und wird daher auch oft als "Zen Malerei" bezeichnet. Sie kam im Kamakura-Zeitalter (1185–1333) nach Japan und wurde während der Muromachi-Zeit (1336–1573) besonders populär, sehr geprägt von Zen-Tempeln. Die Motive reichen von Menschen, Blumen und Vögeln bis hin zu Landschaftsbildern 山水画 wie Berge, Wasserfälle, Bäume und Felsen. Typisch sind die Darstellung von japanischer Natur und traditionellen Symbolen wie Kirschblüten, Bambus, Kraniche, Koi-Fische, aber auch Fabeltiere wie Tiger und Drachen, die als Glückssymbole gelten.
Die Materialien umfassen speziellen Tuschestrich namens Sumi, Reispapier oder Seide als Malgrund und Pinsel. Die Kunst zeichnet sich durch Schlichtheit, Balance und die künstlerische Ausdruckskraft eines einzigen Pinselstrichs aus. Durch die Abstufungen der Tinte von sehr dunkel bis blassgrau entsteht eine einzigartige ästhetische Wirkung, die das Wesen der Motive einfängt, statt eine realistische Wiedergabe anzustreben. Diese Kunstform ist prägend für die japanische Ästhetik und zeigt eine Verbindung von Kunst, Natur und Spiritualität in minimalistischer Form.
Der Begriff Suibokuga 水墨画 wird in Japan häufig synonym zu Sumi-e verwendet und bezeichnet die traditionelle japanische Tuschmalerei, die stark vom chinesischen Wasser-Tinte-Malstil beeinflusst ist. Diese Kunstform kam im 12. bis 13. Jahrhundert mit dem Zen-Buddhismus aus China nach Japan und gewann besonders in der Kamakura- und Muromachi-Zeit an Bedeutung.
In Japan entwickelte sich Suibokuga/Sumi-e als eigenständiger Kunststil, der die philosophischen Prinzipien des Zen widerspiegelt. Die Malerei konzentriert sich auf die Essenz des Motivs, die mit wenigen Pinselstrichen und der sparsamen Verwendung von schwarzer Tusche und Wasser dargestellt wird. Dabei steht die künstlerische Reduktion auf das Wesentliche im Vordergrund, was auch die Meditation und geistige Achtsamkeit symbolisiert, die für die Entstehung eines Bildes notwendig sind.
Ein bedeutender Vertreter dieser Kunst in Japan war der Zen-Mönch und Maler Sesshū Tōyō (1420–1506), der die chinesische Technik aufgriff und mit japanischen Themen verband. Die japanische Suibokuga stellt häufig natürliche Motive wie Bambus, Orchideen, Kiefern, Berge und Wasser dar und hat eine ausgeprägte ästhetische Verbindung zur Zen-Philosophie, die das Konzept der Leere, Einfachheit und die Lebendigkeit des Moments betont.
Nihonga 日本画 ist eine in Japan entwickelte traditionelle Malerei, die nach der Öffnung Japans in der Meiji-Zeit (ab 1868) als Begriff entstand, um sich von der neuen westlichen Malerei (洋画 yōga) abzugrenzen. Nihonga bedeutet wörtlich "japanische Malerei" und umfasst Werke, die traditionelle japanische Maltechniken, Materialien und Ästhetik bewahren, aber teilweise auch westliche Elemente wie Perspektive und Schattierung integrieren.
Charakteristische Merkmale von Nihonga sind die Verwendung natürlicher Pigmente wie Mineralfarben (岩絵の具), die auf traditionellen Untergründen wie Holz, Seide, Hanf oder Papier mit organischem Klebstoff 膠 aufgetragen werden. Vor der Meiji-Zeit waren verschiedene Malstile in Japan vertreten, wie die Kanō-Schule, die Maruyama-Shijō-Schule und der Yamato-e-Stil. Nihonga entwickelte sich aus diesen Traditionen weiter, indem es eine Synthese aus traditioneller japanischer Kunst und Einflüssen westlicher Malerei darstellt.
Im Unterschied zu extrem minimalistischen Stilen wie Sumi-e oder Suibokuga ist Nihonga oft reichhaltiger in der Farbpalette und detailreicher, ohne jedoch die traditionelle japanische Ästhetik von Naturverbundenheit, Harmonie und Balance aufzugeben. Bedeutende Nihonga-Künstler wie Yokoyama Taikan und Shimomura Kanzan trugen zur Modernisierung und Popularisierung dieses Stils bei, der heute sowohl klassische als auch zeitgenössische Werke umfasst.
Ukiyo-e 浮世絵 ist ein bedeutendes Kunstgenre in Japan, das sich während der Edo-Zeit (1603-1868) entwickelte. Der Begriff bedeutet übersetzt "Bilder der fließenden Welt" und spiegelt das Lebensgefühl und die Weltsicht des aufkommenden Bürgertums in den großen Städten wie Edo (heutiges Tokio) wider. Ukiyo-e stellt vergängliche, oft hedonistische Momentaufnahmen des städtischen Alltagslebens dar, zum Beispiel Szenen aus Vergnügungsvierteln, Theater, Kabuki-Schauspielen, den Lebensstil der Kurtisanen sowie Landschaften und berühmte Orte.
Charakteristisch für Ukiyo-e sind klare, eindeutige Linien, flächige, schattenfreie und kontrastreiche Farben und eine oft ungewöhnliche, fantasievolle Komposition, die das Motiv hervorhebt. Die Motive sind meist auf ein zentrales Thema fokussiert, während der Hintergrund oft schlichter bleibt. Die Technik besteht häufig aus Holzschnittdrucken, was eine Vervielfältigung der Werke ermöglichte und Ukiyo-e zu einer populären Volkskunst machte.
Ukiyo-e reflektiert durch seine Darstellung der "fließenden Welt" eine Lebenseinstellung, die die Vergänglichkeit des Lebens betont und den Genuss des Moments feiert. Damit steht es im Gegensatz zu traditionelleren, spirituelleren Kunstformen und zeigt das urbane, bürgerliche Leben in einer Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs und sozialen Wandels. Bedeutende Künstler wie Hokusai und Hiroshige prägten den Stil und beeinflussten später auch europäische Künstler der Impressionismus- und Postimpressionismus-Bewegungen.
Zenga 禅画 bezeichnet eine Form der japanischen Malerei, die eng mit dem Zen-Buddhismus verbunden ist. Sie entstand im 12. Jahrhundert mit der Einführung des Zen in Japan und spiegelt die zen-buddhistischen Prinzipien von Einfachheit, Klarheit und Spiritualität wider. Diese Kunstform zeichnet sich durch minimalistische, oft monochrome Darstellungen aus, die mit wenigen kraftvollen Pinselstrichen die Essenz eines Motivs einfangen und zugleich meditative Erfahrungen vermitteln.
Zentrale Motive in der Zenga sind unter anderem der Enso (ein im meditativen Moment gemalter Kreis, der Vollkommenheit und Leere symbolisiert) sowie Darstellungen von Zen-Meistern wie Bodhidharma, dem Begründer des Zen. Die Werke werden häufig in einem Zustand der Meditation spontan geschaffen, wodurch sie eine unmittelbare, ungekünstelte Ausdruckskraft gewinnen. Typische Themen sind einfache, natürliche Elemente wie Bambus, Felsen, Vögel oder Kiefern, die symbolisch für verschiedene spirituelle Konzepte stehen.
Zenga dient nicht nur als ästhetisches Erlebnis, sondern auch als Meditationsobjekt, das den Betrachter zur inneren Einkehr und Reflexion einlädt. Die Kunstwerke vermeiden überflüssige Details zugunsten der Darstellung des "Geistes" oder der "Lebenskraft" 気 hinter dem Motiv. Diese japanische Zen-Malerei hat bis heute Einfluss auf viele Bereiche der Kultur, von Kalligrafie bis Keramik, und steht für die enge Verbindung von Kunst und Zen-Praxis in Japan.
Bunjinga 文人画 ist eine japanische Malerei-Schule, die in der späten Edo-Zeit (1603–1868) vor allem unter intellektuellen Künstlern oder Literaten beliebt war. Der Begriff 文人画 bedeutet wörtlich "Literatenmalerei" und bezieht sich auf eine Stilrichtung, die sich stark an der chinesischen Literatenmalerei orientiert, die seit der Song-Dynastie bekannt ist.
Bunjinga zeichnet sich vor allem durch monochrome oder leicht kolorierte Tuschemalerei aus, oft mit Motiven wie chinesischen Landschaften, Bambus, Vögeln und Blumen. Diese Werke spiegeln weniger einen präzisen Realismus wider, sondern mehr die persönliche Empfindung des Künstlers, seine intellektuelle Haltung und die Wertschätzung traditioneller chinesischer Kultur. Die Künstler selbst sahen sich als gebildete Gelehrte (Bunjin) und stellten individuelle Interpretationen chinesischer Vorbilder dar.
Im Gegensatz zu anderen Kunstschulen gab es keinen einheitlichen Stil oder Gründer, sondern die Werke waren sehr variabel, geprägt vom persönlichen Geschmack und dem Wunsch nach Ausdruck von Geist und Intellekt. Bunjin-ga setzte sich zunehmend in Japan durch, entwickelte dabei aber auch japanische Charakteristika wie einen stärkeren Fokus auf dekorative Oberflächengestaltung.
Zu den bekanntesten japanischen Bunjinga-Künstlern zählen Ike no Taiga, Yosa Buson und Yamamoto Baiitsu. Die Bewegung verlor zum Ende der Edo-Zeit an Bedeutung durch den Einfluss westlicher Kunst, blieb aber ein bedeutendes Kapitel japanischer Malerei.
Etegami 絵手紙 ist eine in Japan populäre Form des Briefeschreibens, bei der handgemalte Bilder mit kurzen, persönlichen Texten auf einer Postkarte kombiniert werden. Wörtlich bedeutet 絵手紙 "Bildbrief" und stellt eine einfache, aber ausdrucksstarke Art dar, Gefühle, Gedanken oder Grüße zu übermitteln.
Die Tradition des Etegami wurde in der modernen Form in den späten 1970er Jahren vom Kalligrafie-Meister Kunio Koike begründet, der tausende handgemalte Bildbriefe als Teil eines Magazins veröffentlichte. Charakteristisch für Etegami ist die Verwendung von Pinsel und Tusche (ähnlich wie bei der Kalligrafie), kombiniert mit einfachen Farben auf Postkartenpapier (meist Gasshōshi). Die Motive sind oft Alltagsgegenstände, saisonale Pflanzen, Früchte oder einfache Stimmungen, ergänzt durch kurze, liebevolle oder nachdenkliche Worte. Ein wichtiges Motto des Etegami lautet: "Heldenhaft Fehlerhaft", das heißt, es geht nicht um Perfektion, sondern um den persönlichen Ausdruck und die Herzlichkeit.
Etegami ist besonders bei älteren Menschen in Japan beliebt, da es eine kreative, aber zugängliche Möglichkeit bietet, mit anderen in Kontakt zu bleiben und Wertschätzung auszudrücken. Es hat auch eine soziale und gemeinschaftliche Dimension durch Etegami-Gruppen, Workshops und Veranstaltungen.