Grundlagen

書道shodō ist die japanische Kunst der Kalligrafie, also das künstlerische Schreiben von Schriftzeichen mit Pinsel und Tusche. Der Begriff setzt sich aus den Zeichen für "schreiben" sho und "Weg" zusammen. Wörtlich übersetzt bedeutet es also "Der Weg des Schreibens" oder "Der Weg der Schrift".

Ursprung und Bedeutung

Shodō hat seine Wurzeln in der chinesischen Kalligrafie, die im 6. Jahrhundert nach Japan kam. Es wurde zunächst von Mönchen und Gelehrten praktiziert, später auch von Samurai und schließlich von der breiten Bevölkerung. Heute gilt es nicht nur als Schreibtechnik, sondern auch als geistige Übung - ähnlich wie Zen. Es fördert Konzentration, Achtsamkeit und Harmonie von Körper und Geist.

Es geht nicht nur darum, ein Zeichen richtig zu schreiben, sondern die innere Haltung und den Moment auszudrücken. Ein gelungenes Werk zeigt oft Energie, Harmonie und Ausgewogenheit – das nennt man auch die Lebensenergie ki.

Philosophien und Ideen

Wichtige Konzepte in der Shodō-Ästhetik:

Technik und Haltung

Die schöne Schrift kommt aus der richtigen Haltung heraus. Man sitzt aufrecht und der Abstand vom Tisch soll etwa eine Faustgröße betragen. Die Pinselhaltung ist von Pinselgröße und Schriftgröße abhängig. Auf jeden Fall schreibt man nicht nur mit dem Handgelenk, sondern mit dem ganzen Körper. Das Gefühl des Zentrums (Bauch) mit tiefem und ruhigem Bauchatmen ist dabei besonders wichtig. Für die Technik der Pinselführung sind Druck und Geschwindigkeit des Pinsels maßgebend. Und es gibt bestimmte Gesetze, wie ein Strich anfangen und enden muss.

Ein geschriebenes Schriftzeichen darf niemals nachträglich ausgebessert werden. Die Schönheit des Shodō machen Linie, Form, Schwung, Balance, Tuschfarbe und Inhalt aus. Und nicht zuletzt durch die Persönlichkeit und den Ausdruck des Kalligraphen entsteht ein Kunstwerk.

Methode mit hängendem Arm 懸腕法ken wan hō

Dies ist die häufigste Haltung in der Kalligrafie. Halten Sie Ihre Ellbogen vom Schreibtisch weg, sodass sie fast auf gleicher Höhe mit dem Schreibtisch sind . Platzieren Sie Ihre Ellbogen nicht zu nah am Körper, sondern lassen Sie einen Abstand von etwa einer Faustbreite. Wenn Sie Ihre Ellbogen zu hoch heben oder zu nah am Körper platzieren, belasten Sie Ihre Schultern unnötig und können den Pinsel nicht richtig führen.
Ihre Ellbogen und Handgelenke sind nicht fixiert und schweben in der Luft, sodass Sie Ihre Arme frei bewegen können. Mit Ihren Schultern und Handgelenken können Sie kräftige Pinselstriche machen.

Arm-Arm-Methode 提腕法tei wan hō

Bei dieser Methode bewegen Sie den Pinsel, während Ihr Handgelenk und Ihr Ellbogen die Tischplatte berühren. Dies entspricht fast der Position beim Schreiben mit einem Bleistift. Wichtig ist, dass Ihr Ellbogen die Tischplatte nur leicht berührt, anstatt fest auf der Tischplatte zu ruhen. Bewegen Sie Ihren Arm beim Schreiben, als würde er über das Papier gleiten.
Die Pinselspitze ist stabiler als bei der Methode mit dem hängenden Arm, da sie Halt bietet, aber der beschreibbare Bereich ist kleiner, da der Arm fixiert ist. Für große Buchstaben ist sie nicht geeignet, für kleine Buchstaben ist sie jedoch effektiv.

Kissenarmmethode 枕腕法chin wan hō

Dies ist eine Schreibposition, bei der das Handgelenk der rechten Hand auf dem Handrücken der linken Hand ruht, die das Papier hält. Die linke Hand wird als Kissen verwendet, beispielsweise wenn Sie einen Namen in kleinen Buchstaben auf ein Werk schreiben. Beim Schreiben langer Sätze werden die rechte und die linke Hand beim Schreiben zusammen verschoben.
Die Spitze des Pinsels wackelt nicht und ermöglicht so ein stabiles Schreiben. Er eignet sich zum Schreiben kleiner Buchstaben oder Namen mit einem kleinen Pinsel oder Pinselstift. Und das Beste: Sie müssen sich keine Sorgen machen, dass Tinte auf Ihren rechten Arm gelangt.

Material & Werkzeug

Die »Vier Schätze des Gelehrtenzimmers« (文房四宝wénfáng sìbǎo) stammt aus der chinesischen Gelehrtenkultur und meint Pinsel, Tusche, Papier, Reibstein. Das Konzept wurde von anderen ostasiatischen Kalligrafietraditionen übernommen; im japanischen Shodō heißt es 文房四宝bunbō shihō und bezeichnet dieselben vier Werkzeuge. Aber es gibt noch weitere wichtige Werkzeuge, die für die japanische Kalligraphie verwendet werden.

Pinsel fude

Bei der japanische Kalligraphie ist der Wechsel von dicken und dünnen Strichen von großer Bedeutung. Vollendete Linien werden durch die unterschiedliche Geschwindigkeit der Pinselführung und den Rhythmus von Druck und Nachgeben erreicht. Die Länge, Dichte und Dicke der Pinselhaare und die künstlerische Linienführung müssen miteinander harmonieren. Deswegen hat jeder Künstler seine eigene Vorliebe zu der einen oder anderen Pinselsorte.

Im Shodō werden neben der Technik der Pinselhaltung 筆法hippou auch die Energie und Dynamik der Striche 筆勢hissei sowie die geistige Absicht hinter jedem Strich 筆意hitsui als wesentliche Elemente betrachtet. Der Pinsel wird somit zum Ausdruck des Künstlers und dessen innerem Zustand, was Shodō zu einer meditativen und spirituellen Praxis macht.

Nach der Haarlänge unterscheidet man lange 長鋒chouhou, mittlere 中鋒chuhou und kurze 短鋒tanhou Pinselhaare. Mittellange Pinsel sind für die meisten Kalligrafiestile geeignet, lange Haare speichern mehr Tinte, kurze Haare ermöglichen präzise Striche. Auch nach dem Material gibt es Unterscheidungen:

Braune Haare sind steifer und gut für Anfängerstile wie Kaisho geeignet, während weiße Haare weicher sind und sich für flüssige Stile wie Gyosho und Sosho eignen.

Umgang mit dem Pinsel: Vor der ersten Benutzung sollte der Pinsel mehrere Stunden in lauwarmem Wasser eingeweicht werden, um Leimreste zu lösen und die Haare geschmeidig zu machen. Mit den Fingern wird die Spitze geformt, sodass alle Haare gut ausgerichtet sind und präzise Striche möglich sind. Beim Schreiben wird der Pinsel ohne Druck geführt, als würde er über das Papier gleiten; Druck kann die Haare beschädigen. Es empfiehlt sich, den Pinsel vor wichtigen Arbeiten auf einem Probestück Papier zu testen.

Pflege des Pinsels: Nach Gebrauch wird restliche Tusche vorsichtig mit fließendem Wasser ausgewaschen. Die Pinselspitze wird sanft mit Daumen und Zeigefinger ausgedrückt, nicht gerieben oder grob behandelt. Pinsel sollten kopfüber aufgehängt werden, um die Form der Haare zu erhalten und Feuchtigkeit abtropfen zu lassen. Niemals den Pinsel länger in Wasser stehen lassen, da dies die Bindung der Haare beschädigt.

  1. Nach dem Schreiben unbedingt sofort reinigen!
  2. Nie mit Seife oder anderen Reinigungsmittel waschen!
  3. Feuchten Pinsel nicht in der Hülle verstauen! (Schimmelgefahr)

Tusche sumi

Sumi bezeichnet die traditionelle schwarze Tusche, die vor allem in der Kalligraphie (Shodō) und der Tuschemalerei (Sumi-e) verwendet wird. Sumi ist ein zentrales Material in der japanischen Kultur und Kunst, das stark mit dem Zen-Buddhismus verbunden ist, wo jeder Pinselstrich mit Achtsamkeit und Konzentration ausgeführt wird.

Flüssige Tusche 墨汁bokujuu

Flüssige Tusche ist praktisch und sofort gebrauchsfertig, hat aber eine begrenzte Haltbarkeit, meist mehrere Monate bis etwa ein Jahr, abhängig von der Lagerung und der Qualität. Sie sollte kühl, dunkel und luftdicht verschlossen aufbewahrt werden, um Austrocknen oder Schimmelbildung zu vermeiden.
Hochwertige flüssige Tusche zeichnet sich durch eine homogene, fein pigmentierte Zusammensetzung ohne Fremdpartikel aus. Sie hat eine geeignete Viskosität, die entweder zähflüssig (ölig) oder dünnflüssig sein kann, je nachdem, ob man eher langsame, kontrollierte oder schnelle, dynamische Pinselbewegungen bevorzugt. Hochwertige Tuschen neigen zu einer samtigen, tiefmatten Schwarzfärbung und fließen beim Schreiben gut ohne Ausfransen oder Risse.
Billigtusche zeigt oft matte, unregelmäßige Oberflächen nach dem Trocknen und neigt zum Ausfransen. Sie kann die Pinselhaare bei minderwertiger Qualität verhärten oder verkleben, deshalb empfiehlt sich der Einsatz von hochwertigen Markenprodukten.
Flüssige Tusche ermöglicht schnelles Arbeiten, ist jedoch weniger individuell anpassbar als die traditionelle Stangentusche, weil die Konzentration nicht selbst geregelt werden kann. Für meditative und bewusste Shodō-Praxis wird traditionell lieber die selbst angeriebene Tusche aus der Stange verwendet, da der Reibvorgang als Vorbereitung gilt, um Geist und Körper zu synchronisieren.
Die Fließgeschwindigkeit der Tusche beeinflusst stark das Schriftbild: eine zähflüssige Tusche ermöglicht langsame, präzise Striche mit klaren Rändern, ideal für formelle Schriften wie Kaisho. Dünnflüssige Tusche führt zu fließenderen, dynamischeren Linien, gut geeignet für Gyosho oder Sosho (halb- bzw. kursiv).

Stangentusche 墨棒sumi-bou

Stangentusche besteht aus Ruß (meist aus verbrannten Holz- oder Ölrückständen) und wird mit tierischem Leim gepresst. Vor der Benutzung werden sie auf einem Reibstein mit etwas Wasser angerieben, um frische Tusche in verschiedenen Konzentrationen herzustellen. Diese Methode erlaubt die individuelle Kontrolle über die Farbintensität und den Ton der Tusche (vom tiefen Schwarz bis zu hellen Graustufen). Die Herstellung von Tusche aus Steinen ist eine meditative Praxis und Teil des bewussten Umgangs mit dem Material.
Hochwertige Stangentusche hat eine homogene, feine Oberfläche ohne grobe Unebenheiten. Je glatter und gleichmäßiger die Oberfläche, desto höher die Qualität. Kunstvoll verzierte Stangentusche dient auch ästhetischen Zwecken, das Dekor löst sich bei der Benutzung auf und beeinflusst die Haftung nicht. Einmal angeriebene Tusche sollte zeitnah verbraucht werden. Die Stangen selbst können viele Jahre, oft Jahrzehnte, halten, sofern sie trocken und vor Licht geschützt gelagert werden.
Hochwertige Stangentusche erzeugt eine fein strukturierte, tief schwarze Tusche mit gutem Fluss und gleichmäßiger Deckkraft. Günstige Stangentusche kann bröckelig sein, hat eine ungleichmäßige Oberfläche und erzeugt eine weniger satte Farbe.

Reibstein suzuri

Ein flacher Stein mit einer Vertiefung, in der Wasser und die Tusche verrieben werden, um die gewünschte Konsistenz und Farbintensität zu erreichen.

Papier kami

Spezielles, saugfähiges Papier, wie das berühmte Xuan-Papier, das für Kalligrafie und Malerei verwendet wird.

Papierempfehlung für Anfänger:

Reispapier

Reispapier wird nicht aus Reis hergestellt - streng genommen ist es nicht einmal Papier. Reispapier wird aus dem Mark des Fatsia-papyrifera-Baumes hergestellt. Dieses Material wird in der chinesischen Malerei verwendet, jedoch niemals in der traditionellen japanischen Kalligraphie. Für japanische Kalligraphie wird traditionell Washi (japanisches Papier) verwendet.

Washi 和紙

Washi (japanisches Papier) wird aus den japanischen Pflanzen kōzo, みつまたmitsumata und 雁皮gampi hergestellt. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass japanische Kalligraphie auf Reispapier geschrieben wird. Während in der chinesischen Kunst Reispapier Verwendung findet, wird für die japanische Kalligraphie ausschließlich Washi verwendet.

Wasserspender 水滴suiteki ("Wassertropfen")

Kleine Wassergefäße aus Ton, Porzellan oder Glas, das man benutzt, um tropfenweise Wasser auf den Tuschestein zu geben, um die Tusche anzureiben.

Papiergewicht 文鎮bunchin

Ein bunchin wird eingesetzt, um das Papier beim Schreiben flach und unbeweglich zu halten. Da das Papier sehr dünn und leicht ist, könnte es sich ohne Gewicht verschieben oder kräuseln, was das präzise Schreiben mit dem Pinsel erschwert.

Schreibunterlage 下敷きshitajiki

Eine Unterlage, die unter das Papier gelegt wird, um ein Durchdrücken der Tinte zu verhindern und eine gleichmäßige Schreibfläche zu gewährleisten.

Namensstempel 判子hanko

Wenn du in Japan lebst, so wirst du deinen Namensstempel bei verschiedenen Anlässen brauchen. Zum Beispiel wenn du ein Bankkonto eröffnest, wenn du ein Apartment mietest, wenn du ein Anwesen erwirbst oder wenn du deinen Arbeitsvertrag unterschreibst. Bei all diesen Prozessen wirst du dieses Symbol ㊞ auf jenen Dokumenten finden, welche du mit dem Namensstempel unterschreiben sollst. Auf Japanisch stellt das Zeichen die Abkürzung von "inkan” dar und symbolisiert den Abdruck, welcher durch das Anbringen des Namensstempels entsteht. Es zeigt auch an, dass das persönliche Siegel hier angebracht werden soll.

Namensstempel 判子 hanko
Abb.: Namensstempel mit roter Stempelfarbe.

Ein Hanko kann aus Holz, Plastik oder Metall hergestellt werden. Wirtschaftsakteure und Rechtsträger wie Unternehmen und Gesellschaften alle haben ihre eigenen Namensstempel, wobei es nur wenigen Personen in einem Unternehmen erlaubt ist, diesen zu verwenden. Das Unterzeichnen mittels des Firmenstempels verpflichtet das Unternehmen rechtlich sowie moralisch der Vereinbarung nachzukommen. Ausländer, die nur für kurze Zeit in Japan wohnen, sind normalerweise nicht verpflichtet sich einen Namensstempel anfertigen zu lassen. In diesem Fall wird bei den meisten Vereinbarungen eine handschriftliche Unterschrift ebenso akzeptiert.

Hanko in Shodō

Initialen (z. B. "A.M." für Anna Müller) in Katakana (エー・エムĒ Emu) sind möglich, aber nicht üblich in der Shodō-Tradition. Sie könnten als weniger authentisch wahrgenommen werden, da traditionelle Stempel den vollen Namen oder einen Künstlernamen enthalten. In Japan werden Initialen manchmal für informelle Mitome-in-Stempel verwendet, die jedoch keine offizielle Bedeutung haben.
In der Shodō-Kunst wird großer Wert auf Tradition und Ausdruck gelegt. Ein Stempel mit Initialen in Katakana ist nicht unbedingt "billig", aber es könnte weniger professionell oder traditionell wirken, da es von der Norm abweicht.

Tipps zur Bestellung

Kulturelle Sensibilität

Shodō ist eine tief in der japanischen Kultur verwurzelte Kunstform, die Meditation, Präzision und Respekt für Tradition vereint. Ein Stempel ist nicht nur ein Signaturwerkzeug, sondern ein Ausdruck deiner Identität als Künstler. Wenn du als Europäer Shodō praktizierst, ist es wichtig, die kulturellen Nuancen zu respektieren. Ein sorgfältig gestalteter Stempel mit deinem Namen oder einem Künstlernamen zeigt, dass du die Kunstform ernst nimmst und dich mit ihrer Philosophie auseinandersetzt.

Rakkan-in 落款印

siehe Signatur/Unterschrift 署名

Stempelfarbe 朱肉shuniku

朱肉shuniku ist eine rote Stempelfarbe, die in Japan für persönliche Siegel (hanko oder inkan) verwendet wird. Der Name bedeutet wörtlich "Zinnober-Fleisch", weil shu "Zinnoberrot" bedeutet und niku historisch im Sinne von "weiche, formbare Masse" verwendet wird.

Stempelfarbe 朱肉 shuniku

Zeichen und Sätze

漢字kanji

Kanji sind japanische Schriftzeichen chinesischen Ursprungs, die in vielen Fällen stark verändert wurden, um die japanische Sprache wiederzugeben. Kanji waren ursprünglich wie die ägyptischen Hieroglyphen Bildzeichen oder Ideogramme. Sie kamen ab dem vierten Jahrhundert über Korea aus China nach Japan und haben sich über die Jahrhunderte hinweg verändert, um besser zur sehr unterschiedlichen japanischen Sprache zu passen.

国字kokuji

Die Schriftzeichen, die ausschließlich in Japan erschaffen wurden, heißen 国字kokuji ("Nationale Schriftzeichen") bzw. 和製漢字wasei kanji ("Japanische Schriftzeichen") und sind Teil des japanischen Kanji-Schriftsystems.

平仮名hiragana

Hiragana ist eine japanische Silbenschrift (genauer Morenschrift), neben Kanji und Katakana eine der drei Schriften der japanischen Sprache. Jedes Hiragana-Zeichen steht als Syllabogramm entweder für einen Vokal oder für einen Konsonanten mit folgendem Vokal, mit der Ausnahme des später hinzugefügten Zeichens , das einen Nasallaut repräsentiert.

Hiragana wurde früher auch 女手onna-de oder "Frauenhand" genannt, was auf die begeisterte Nutzung durch Dichterinnen in der Heian-Zeit hinweist. Heute wird Hiragana zusammen mit Kanji verwendet, um den Großteil der japanischen Sprache zu schreiben. Substantive sowie die Wortstämme von Verben und Adjektiven werden mit Kanji geschrieben, während Endungen, die z.B. Zeitform oder Geschlecht anzeigen, in Hiragana erscheinen. Außerdem wird Hiragana häufig als Furigana verwendet und dient zur Schreibung grammatikalischer Partikel. Im Gegensatz dazu wird Katakana heute ausschließlich zur Wiedergabe nicht-japanischer Wörter und Namen genutzt.

片仮名katakana

Bei den Katakana handelt es sich um eine Silbenschrift (genauer Morenschrift) der japanischen Sprache. Sie ist die zweite japanische Morenschrift neben den Hiragana. Jedes Zeichen steht für eine Silbe (nicht für einen einzelnen Buchstaben), und die Zeichen selbst tragen keine Bedeutung - sie stellen lediglich einen Laut dar. Katakana wird zur Wiedergabe von aus anderen Sprachen entlehnten Wörtern und Namen verwendet und ist die Standardschrift für die Schreibung nicht-japanischer Namen im Japanischen.

Jedes Katakana-Zeichen ist eine vereinfachte Form oder ein Teil eines Kanji-Zeichens. Die Erfindung des Katakana wird dem Mönch und Gelehrten Kibi no Makibi (693–755 n. Chr.) zugeschrieben. Es war das erste entwickelte Silbensystem. Ursprünglich wurde es als Aussprachehilfe für buddhistische Schriften verwendet. Später nutzte man Katakana, um grammatikalische und flektierte Bestandteile zu schreiben. Heute dient Katakana zur Schreibung fremdsprachlicher Wörter, Namen und Fachbegriffe im Japanischen.

四字熟語yojijukugo

Yojijukugo sind japanische Redewendungen, die aus 4 Kanji bestehen. Der Ursprung dieser Art von Redewendungen liegt in China, wo es ebenfalls derartige Kompositionen aus 4 Schriftzeichen gibt, die unter chengyu bekannt sind.
Das Wort yojijukugo besteht aus folgenden Schriftzeichen:
yo = vier
ji = Schriftzeichen
juku = Reife
go = Sprache, Wort

kotowaza

Die japanischen Sprichwörter (jap. kotowaza, auch 俚諺rigen oder 俗諺zokugen) sind in ihrer Aussage kritisch und lehrhaft, ein Sammelbecken oft ironisch und witzig formulierter Lebensweisheiten. Hier einige Beispiele:

頭隠して尻隠さずAtama kakushite shiri kakusazu

"Den Kopf verstecken, aber nicht den Hintern"
Bezieht sich darauf, dass man versucht, etwas zu verbergen, aber die offensichtlichen Teile nicht verbergen kann, also nicht erfolgreich ist.

氷山の一角Hyōzan no ikkaku

"Ein Eisberg an der Spitze"
Bezieht sich auf das Sprichwort "die Spitze des Eisbergs", was bedeutet, dass man nur einen kleinen Teil eines größeren Problems oder einer Situation sieht.

猿も木から落ちる"Saru mo ki kara ochiru"

"Auch Affen fallen von Bäumen"
Es bedeutet, dass selbst Experten Fehler machen können.

Berühmte Kalligraphen

小野 道風Ono no Michikaze

Ono no Michikaze (894–966), auch bekannt als Ono no Tōfū, war einer der bedeutendsten japanischen Kalligrafen der Heian-Zeit. Er gilt als Begründer der "Wayō"-Schule, die chinesische Einflüsse mit einem eigenständigen japanischen Stil verband. Michikaze wurde am Kaiserhof hoch geschätzt und gilt neben Fujiwara no Yukinari und Fujiwara no Sadanobu als einer der "Sanseki" ("drei Pinselmeister"). Eine berühmte Legende erzählt, wie er beim Anblick eines Frosches, der beharrlich versuchte, auf eine Weide zu springen, zur Einsicht kam, dass Ausdauer den Weg zur Meisterschaft weist. Sein Wirken prägte Japans Schriftkunst nachhaltig.

近衛 信尹Konoe Nobutada

Konoe Nobutada (1565–1614) war ein japanischer Adliger, Dichter, Maler und Kalligraf der späten Azuchi-Momoyama- und frühen Edo-Zeit. Als Sohn der einflussreichen Konoe-Familie aus dem Fujiwara-Klan verband er aristokratische Kulturtradition mit den neuen künstlerischen Strömungen seiner Zeit. Er gilt als einer der "Sanpitsu" ("drei Pinselmeister") dieser Epoche, gemeinsam mit Hon’ami Kōetsu und Shōkadō Shōjō. Nobutada schuf elegante, kraftvolle Schriften, die sowohl klassischen Waka-Dichtungen als auch zeitgenössischen Texten Ausdruck verliehen. Neben der Kalligrafie betätigte er sich in Malerei und Dichtung, wodurch er als vielseitiger Kulturträger des Übergangs in die Edo-Zeit in Erinnerung blieb.

隠元隆琦Ingen Ryuki

Ingen Ryūki (1592–1673), auch bekannt als Ingen Ryūkō oder auf Chinesisch Yǐnyuán Lóngqí, war ein chinesischer Chan-Buddhist aus Fujian, der 1654 nach Japan kam. Dort gründete er die Ōbaku-shū, eine eigenständige Zen-Schule, die Elemente der chinesischen Ming-Zeit-Kultur nach Japan brachte. Ingen war nicht nur ein einflussreicher Zen-Meister, sondern auch ein bedeutender Kalligraf, dessen Stil – kraftvoll, kantig und stark von der chinesischen Tradition geprägt – als "Ōbaku no Sanpitsu" zusammen mit seinen Schülern Ikkei und Sokuhi geschätzt wird. Er wirkte tief auf Religion, Kunst, Gartenarchitektur und selbst auf die Esskultur Japans, insbesondere durch die Einführung von Fucha-Ryōri (buddhistischer Tempelküche).

尾上 柴舟Onoe Saishū

Onoe Saishū (1876–1957), eigentlich Hachirō Onoe, war ein japanischer Dichter, Gelehrter und Kalligraf der Moderne. Er gilt als eine der zentralen Figuren der Tanka-Renaissance in der Meiji- und Taishō-Zeit. Saishū gründete die Dichtergesellschaft "Shirayuri-kai" und die Literaturzeitschrift "Araragi", die entscheidend zur Erneuerung und Popularisierung der Tanka-Dichtung beitrugen. Als Professor für Literatur vermittelte er klassisches wie modernes Schrifttum an junge Generationen. Neben seiner poetischen Tätigkeit war er auch als Kalligraf anerkannt, wobei er traditionelle Eleganz mit einem klaren, modernen Ausdruck verband. Sein Wirken prägte Japans Literatur und Schriftkunst des 20. Jahrhunderts nachhaltig.

会津 八一Aizu Yaichi

Aizu Yaichi (1881–1956) war ein japanischer Gelehrter, Dichter, Kunsthistoriker und Kalligraf. Er wurde besonders bekannt für seine Forschung zur japanischen Kunstgeschichte, zur buddhistischen Kunst und zur klassischen japanischen Literatur. Als Kalligraf verband er traditionelle Stile mit einem persönlichen, ausdrucksstarken Ansatz, der oft poetische und historische Themen reflektierte. Yaichi verfasste zahlreiche Schriften über Kunst, Kultur und Literatur Japans und trug wesentlich zur Bewahrung und Interpretation klassischer Werke bei. Zudem war er als Dichter aktiv, wobei seine Lyrik eng mit seinem Interesse an Geschichte und Ästhetik verbunden war, wodurch er zu einem bedeutenden Kulturträger der Moderne wurde.

相田 みつをMitsuo Aida

Mitsuo Aida (1924–1991) war ein japanischer Dichter und Kalligraf, berühmt für seine schlichten, tiefgründigen Werke, die oft Alltagserfahrungen mit buddhistischer Lebensweisheit verbinden. Er verband Poesie und Kalligrafie zu einer einzigartigen Ausdrucksform, bei der die Schrift selbst die Emotion und Stimmung der Worte trägt. Aidas Werke zeichnen sich durch klare Linien, natürliche Formen und eine direkte, berührende Sprache aus. Besonders bekannt ist seine Fähigkeit, philosophische Gedanken auf zugängliche Weise darzustellen, was ihn zu einem der beliebtesten modernen Kalligrafen und Dichter Japans machte. Heute erinnert das Mitsuo Aida Museum in Tokio an sein Werk und seine Lebensphilosophie.

川尾友子Tomoko Kawao

Tomoko Kawao (* 1950 in Kyoto, Japan) ist eine der bekanntesten Shodō-Künstlerinnen Japans. Sie begann bereits im Alter von sechs Jahren mit der Kunst und hat sich international einen Namen gemacht. Kawao verbindet traditionelle Techniken mit zeitgenössischem Stil und ist weltweit aktiv. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen gezeigt, und sie hat das Shodō in der modernen Kunstszene etabliert.

加賀美幸雄Kōji Kakinuma

Kōji Kakinuma (* 1954 in Yaita, Japan) ist ein innovativer Kalligraf, bekannt für seine monumentalen Werke, die oft meditative Zustände darstellen. Er verwendet spezielle Pinseln und Techniken, um dynamische, fließende Schriftbilder zu schaffen. Kakinuma hat weltweit ausgestellt, darunter im Metropolitan Museum of Art in New York. Seine Arbeiten verbinden traditionelle Shodō-Techniken mit modernen Ausdrucksformen und haben internationale Anerkennung gefunden.

伊庭尚恵Shotei Ibata

Shotei Ibata (* 1960 in Kyoto, Japan) ist ein Pionier der Performance-Kalligrafie. Er kombiniert Shodō mit Musik und Bewegung, um lebendige, expressive Kunstwerke zu schaffen. Ibata hat weltweit live vor Publikum geschrieben und arbeitet daran, Shodō als moderne Kunstform zu etablieren. Seine Performances sind bekannt für ihre Energie und Kreativität.

Glossar

掠れkasure

Kasure ist eine Strichtechnik, bei der es so aussieht, als würde dem Pinsel die Tinte ausgehen. In diesen Strichen steckt viel Bewegung, und man kann die feinen Farbabstufungen der Tusche erkennen.

訓読みkun’yomi

Kun’yomi (japanische Lesung) bezeichnet eine Kanji-Lesung, bei der das ursprüngliche japanische Wort verwendet wird. Als die chinesischen Schriftzeichen ins Japanische übernommen wurden, wurde manchmal die chinesische Aussprache übernommen und daraus ein neues Wort gebildet. In anderen Fällen las man das Kanji mit dem ursprünglichen japanischen Wort.

Ein häufiges Beispiel ist das Kanji , das die Kun’yomi »yama« und die On’yomi »san« hat. Daher hört man den Fuji-Berg sowohl als Fujiyama als auch Fujisan - beide Lesungen für 富士山 sind korrekt.

音読みon’yomi

On’yomi (chinesische Lesung): Als chinesische Schriftzeichen zur Wiedergabe der japanischen Sprache übernommen wurden, wurde manchmal die ursprüngliche chinesische Aussprache verwendet. Da diese Übernahme über Jahrhunderte hinweg und aus unterschiedlichen Regionen Chinas erfolgte, kann ein einzelnes Kanji mehrere verschiedene On’yomi haben – je nachdem, wann und aus welcher Region Chinas das Wort übernommen wurde. Im Gegensatz dazu stehen Kun’yomi, also Wörter, die die ursprüngliche japanische Aussprache beibehalten.

ローマ字romaji

Romaji ist ein System, um Japanisch mit lateinischen Buchstaben zu schreiben. Romaji bedeutet "römische Zeichen" und wird ローマ字 geschrieben ローマrōma bedeutet "Rom", ji bedeutet "Zeichen".

Es gibt zwei anerkannte Systeme: 1) Kunrei-shiki und 2) Hepburn-System. Kurz gesagt: Im Kunrei-shiki würde "Fuji" als huzi geschrieben, während im heute gebräuchlichen Hepburn-System "fuji" geschrieben wird. Romaji kennt keine Großbuchstaben. Hiragana, Katakana und Kanji kennen keine Großschreibung, daher existieren Großbuchstaben auch nicht im Romaji. Lange Vokale werden oft mit Überstrich, z.B. "ō" für "oo" geschrieben.

師範shihan

Shihan (Meister) – Die Welt der japanischen Kalligraphie besitzt ein Rangsystem ähnlich dem der Kampfkünste. Die Einstiegsstufe ist der 10. Kyu, wobei der 1. Kyu der höchste Kyu-Rang ist. Danach folgt der Shodan, was dem ersten schwarzen Gürtel in der Kampfkunst entspricht. Anders als bei vielen Kampfkünsten kann der Titel Shihan jedoch erst nach Erreichen und Bestehen des 10. Dan verliehen werden - dem höchsten Dan-Rang.

In der japanischen Kalligraphie ist der Rang Shihan selten und angesehen. Zu den Privilegien dieses Rangs gehört das Recht, eine eigene Schule zu eröffnen und einen eigenen Kalligraphiestil zu lehren.

色紙shikishi

Shikishi ist japanisches Papier, das auf einen dicken Karton mit Goldrand aufgezogen wird. Shikishi gibt es in vielen verschiedenen Größen. Die Standardgröße beträgt 9 1/2″ Breite × 10 3/4″ Höhe. Shikishi sind etwa 1/8″ dick. Eine weitere gängige Größe ist das Mini-Shikishi mit 4″ Breite × 5 7/8″ Höhe.

短冊tanzaku

Tanzaku ist japanisches Papier, das ebenfalls auf dicken Karton mit Goldrand aufgezogen ist. Tanzaku gibt es in zwei Standardgrößen: 2 3/8″ Breite × 14 1/4″ Höhe und 3″ × 14 1/4″.

Tanzaku 短冊
Beispiel für ein Tanzaku mit Halter

仮名kana

Kana bezeichnet sowohl Katakana als auch Hiragana. Der Begriff Kana kann auch auf die alten Schriftsysteme Man’yōgana und Hentaigana angewendet werden.

外来語gairaigo

Gairaigo bezeichnet ein japanisches Wort ausländischen Ursprungs. Heutzutage wird Katakana ausschließlich zur Schreibung von Lehnwörtern oder fremdsprachigen Namen verwendet. Ein häufiges Beispiel ist das japanische Wort für Brot: パンpan, das aus dem Französischen stammt. Ein weiteres Beispiel ist チェフshefu, was "Chef" bedeutet und aus dem Französischen bzw. Englischen übernommen wurde.

振り仮名furigana

Furigana 振り仮名

Furigana sind kleine phonetische Zeichen, meist Hiragana, die neben den Kanji geschrieben werden, um deren korrekte Lesung anzugeben. Furigana werden bei schwer lesbaren Wörtern oder Namen verwendet und in Kinderbüchern eingesetzt, um den Kindern das Lesen der Kanji beizubringen.
Wird der Text vertikal geschrieben, erscheinen die Furigana rechts vom Kanji. Bei horizontaler Schreibweise stehen die Furigana über dem Kanji.

変体仮名hentaigana

Hentaigana ist eine Gruppe phonetischer Silbenschriften, die auf Kanji und einer frühen Form des Hiragana basieren. Hiragana wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts standardisiert. Die Vorformen des modernen Hiragana bestehen aus einer Mischung von Kanji und Hiragana, mit denen bestimmte Wörter und grammatikalische Elemente phonetisch wiedergegeben wurden.